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Klöppeln rund um den Bodensee

September 2006

Wie in den vergangenen Jahren organisierte Herrn Schmidt von der "Goldnen Sonne" Schneeberg auch dieses Jahr eine Spitzenstudienreise. In diesem Jahr führte die Busreise vom 6.9. bis zum 10.9. nach Überlingen am Bodensee.

Unser erstes Ziel war das Germanische Museum in Nürnberg. Dieses befindet sich in einem im 19. Jahrhundert aufgelösten Kloster. Dort konzentrierten wir uns auf die Textilabteilung, in der Trachtenmode vom 18. bis zum 20. Jahrhundert gezeigt wird.

Textilabteilung
Textilabteilung
Blautopf
Blautopf

Nach einem Stadtrundgang durch Wolframs-Eschenbach gelangten wir nach Blaubeuren. Dort ist der Klosterkomplex des Benediktinerordens aus dem 15. Jahrhundert am Blautopf im Wesentlichen erhalten geblieben. Der Blautopf ist ein durch den Druck der Wassermassen entstandener trichterförmiger Quelltopf. Sein Einzugsbereich liegt etwa bei 160 km². Er hat das gesamte Jahr hindurch eine Temperatur von 9°C.

Am Abend trafen wir in Parkhotel in Überlingen ein. Von dort aus starteten wir jeden Morgen unsere Erkundungstouren.

Am Donnerstag fuhren wir in die Schweiz nach Stein am Rhein. Dort besichtigten wir das Bürgerhaus "Lindwurm". Die Vorbesitzerin Frau Emma Winkler verfügte in ihrem Testament die Einrichtung eines Wohnmuseums. Dieses wurde 1993 eröffnet.

Lindwurm
Lindwurm

Im Herrenhaus erhielten wir einen Einblick in eine voll eingerichtete bürgerliche Wochnung in der Mitte des 19. Jahrhundert. Dazu zählten Stube, Nebenstube, Wohnschlafraum, Küche. Im Obergeschoß befanden sich ein Empiresalon, ein Kinder- und Bügelsalon. Wir konnten auch den Keller, den Estrich und die Waschküche besichtigen. Über einen Hof kamen wir zum Hinterhaus mit Stallung, Tenne und Wagenremise. Im Obergeschoß lagen Getreideböden und einfache Gesindekammern.

Lindwurm
Lindwurm

Weiter reisten wir in das Städtchen Steckborn. Dort befindet sich seit 1937 im Turmhof das Heimatmuseum. Im Spitzenraum zeigten uns zwei Klöpplerinnen ihr Können. In den Vitrinen konnten wir zahlreiche Spitzen, u.a. aus Roßhaarspitzen mit oder ohne eingelegte Bändchen sowie Steckborner Spitzen bestaunen. Weiterhin fanden wir Musterbücher und Klöppelkissen. Aber auch andere Gewerke, wie Schlosserei, Schuhmacherei und Buchbinderei haben im Museum Platz.

Heimatmuseum
Heimatmuseum
Klöpplerin
Klöpplerin
Haube
Haube aus Rosshaar und Stroh
Musterbücher
Musterbücher
Bürgerstube
Bürgerstube

Mittags entspannten wir uns bei einem Rundgang durch die Karthause Ittingen. Am Nachmittag wurden wir von Frau Erni und Frau Lauffer und ihren Klöpplerinnen aus Zweidlen, Bülach und Rafzerfeld im Schulhaus von Zweidlen erwartet. Die Klöppelkurse finden eimal wöchentlich nacheinander in der oben genannten Orten statt.

Nach der Begrüßung mit Kaffee und Kuchen konnten wir den Klöpplerinnen zuschauen oder die extra für uns gestaltete kleine Ausstellung mit ihren Arbeiten bewundern.

Berner Tracht mit Rosshaarhaube
Berner Tracht mit Rosshaarhaube
Schule
Schule

Noch während der Rückfahrt und des Zwischenstops am Rheinfall bei Schaffhausen sprachen wir über die Herzlichkeit, mit der uns die Klöpplerinnen begegneten.

Den Freitag verbrachten wir in St. Gallen. Zuerst besuchten wir das Textilmuseum. Das 1886 gebaute Backsteinhaus verfügt heute über eine umfassende Textilsammlung und eine Bibliothek mit Musterbüchern und Fachliteratur. Zuerst stiegen wir bis unter das Dach und besichtigten im Archiv alte Spitzen.

Im eigentlichen Museum zeigt die Schweizer Textilindustrie ihre aktuellen Kollektionen aus der heutigen industriellen Produktion. Im Treppenhaus stellen in Sonderausstellungen Textilkünstler ihre zeitgenössischen Werke aus.

Mit der Besichtigung der Stiftsbibliothek, der Bücherei des ehemaligen Benediktinerstifts und der spätbarocken Kathedrale sowie einem Stadtrundgang beendeten wir unseren Ausflug in die Schweiz. Nach der Fahrt mit der Fähre über den Bodensee von Konstanz nach Meersburg stoppten wir in Birnau an der Basilika Unserer Lieben Frauen. Die barocke Wallfahrtskirche wurde in 10 Jahren gebaut und mit Rokokoornamenten verziert.

Textilmuseum St. Gallen
Textilmuseum St. Gallen
Basilika in Birnau
Basilika in Birnau

Am Samstagvormittag besichtigten wir unseren Aufenthaltsort Überlingen. Danach fuhren wir über Salem nach Heuneburg, einem frühkeltischen Fürstensitz. Dort erhielten wir zuerst im Freilichtmuseum mit seiner 80 m langen Mauer und einigen wieder aufgebauten Mauer einen Einblick in das Leben vor 2500 Jahren. In einem Veranstaltungsraum fand ich einen Figur eines Mannes in einer Tracht. Ach - die Kelten kannten wohl schon damals so etwas wie das Klöppeln?!

Keltentracht
Keltentracht
Spitzendetail
Spitzendetail

Anschließend sahen wir uns im Heuneburgmuseum die Ausstellung über keltische Stoffe an. Am Mittag pausierten wir in Bad Buchau am Federsee. Danach brachen wir zum letzten Höhepunkt der Reise auf - in das Oberschwäbische Museumsdorf Kürnbach. Dort wird in 32 historischen Gebäuden aus verschiedenen Orten 500 Jahre Geschichte erzählt. Neben der Dorfschule, Tanzhaus, Kapelle, Wohnhäusern erzählen ca. 20 verschiedene Werkstätten, wie z.B. Bäckerei, Weberei, Schmiede, und Friseur vom einstigen Dorfleben.

Tanzhaus
Tanzhaus mit Trachtensammlung
Radhaube
Radhaube

Unser Hauptintersse galt jedoch der oberschwäbischen Trachtensammlung von der Mitte des 18. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts. In keiner anderen Gegend wurden Hauben in so vielen verschiedenen Varianten und Ausführungen zur bäuerlichen Tracht getragen wie hier. Ein besonderer Blickfang waren die goldenen Radhauben.

Mit einem Stadtrundgang durch Meersburg schoß der letzte Tag ab.

Am Sonntag traten wir die Heimreise an. Unterwegs stoppten wir in Ellwangen zu einem Stadtrundgang. In Ochsenfurt besichtigten wir das Trachtenmuseum. Am Abend erreichten wir leicht geschafft mit vielen neuen Eindrücken, die erst einmal verarbeitet werden mußten, Schneeberg.

© Text und Fotos: Petra Pönisch
in: Information Nr. 48 des Sächsisch-Erzgebirgischen Klöppelverbandes