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Reise zum 29. Festival der Klöppelspitzen in Idrija

Am 15. Juni 2010 trafen sich Spitzenbegeisterte aus Belgien, Niederlande, England, Spanien und aus verschiedenen Gegenden Deutschlands, um gemeinsam die vom Forum Alte Spitze organisierte einwöchige Busreise nach Slowenien anzutreten.

Als erstes stand ein Halt in Abenberg auf dem Programm. In dem seit September 2001 neu eröffneten Klöppelspitzenmuseum in der Burg werden neben der ständigen Ausstellung wechselnde Sonderausstellungen gezeigt. In diesem Jahr wurde die Entwicklung der italienischen Spitzen von ihren Anfängen bis heute vorgestellt. Beim Betrachten der Spitzen wurde so manch einer von uns an gemeinsame verbrachte Spitzenrundreisen, wie z.B. nach Rimini erinnert.

Im Abenberger Spitzenmuseum

Im Anschluß daran fuhren wir zur Übernachtung nach Bad Reichenhall. Den nächsten Tag verbrachten wir bis zum frühen Nachmittag in Salzburg. Dort besuchten wir zuerst das Depot des Salzburger Muesums. Darin zeigte uns Frau Feldinger in der Bibliothek einen kleinen Teil der Spitzensammlung. Danach teilten wir uns in 2 Gruppen auf und sahen uns die Spitzen an den kirchliche Gewändern an.

Salzburg Albe

Gegen 13 Uhr setzten wir unsere Reise in Richtung Slowenien fort, wo wir etwa 3 Stunden später den Ort Radovlijca erreichen. Gemeinsam sahen wir uns das Imkereimuseum im einstigen Barockschloß der Altstadt an.

Neben Wissenswerten über die Bienen, Bienenzucht und Weiterverarbeitung ihrer Produkte in Lebkuchen oder in der Kerzenzieherei konnten wir bemalte Stirnbretter der Bienenstöcke und deren ungewöhnliche Formen ansehen.

Dargestellt wurden Szenen aus dem täglichen Leben, Geschichten aus der Volksdichtung oder der Religiosität.

Bienensock in Form einer Kirche um 1910
Halstuch mit Spitzenabschluß

Die im gleichen Haus war die Ausstellung über Anton Tomaz Linhart (1756-1795) «Nun denke ich darüber nach, wie ich berühmt werden könnte», ein slowenischen Intelektueller, Aufklärer erster Dramatiker, Initiator der modernen slowenischen Geschichtsschreibung und hoher Staatsbeamter. Diese zeigte auch Bekleidung mit Spitzen.

Im Anschluß blieb etwas Zeit zum eigenen Erkunden der mitteralterlichen Innenstadt. Interessant war auch das Lectar Haus, ein slowenisches Gasthaus mit Museum und Schaubackstube im Keller. Dort werden seit 1766 rote Lebkuchen, hauptsächlich Herzen, nach altem Rezept hergestellt.

In der Schaubäckerei

Am Abend brachte uns der Bus nach Cerkno, wo wir für die nächsten 5 Nächte ins Hotel einzogen. Am Mittwoch fuhren wir zuerst in die Gemeinde Ziri. Sie liegt im Poljanska dolina Tal, im Grenzgebiet der drei Regionen Gorenjska, Notranjska und Primorska. Im Hauptort Ziri vor der Galerie Primosic teilten wir uns in 2 Gruppen auf. Die eine ging in die Galerie und die andere zur Klöppelschule, die seit 1906 besteht. In der seit 1888 bestehenden Galerie können handgeklöppelte Spitzen und Klöppelzubehör gekauft werden. Die Inhaberin zeigte uns den Familienschatz an Spitzen. Ihr Mann erklärte uns die einzelnen Stücke. Im Schulhaus befinden sich die Räumlichkeiten für die Klöppelschule, wo uns die Klöppelkinder erwarteten. Sie zeigten uns ihr Können beim Schauklöppeln an den Kissen und sangen Lieder zur Gitarre und zum Akkordeon. Die Instrumente wurden auch von den Kinder selbst gespielt.

In der Klöppelschule In der Klöppelschule Schaufenster der Galerie Primosic Schaufenster der Galerie Primosic

Die Spitzentradition des Ortes konnten wir auch in der Kirche zum heiligen Martin anhand der ausliegenden Decken mit geklöppelten Umrandungen sehen.

Kirchendecke
Gardine

Zur Mittagszeit bummelten wir durch die Stadt Skofia Loka. Diese wurde oft durch Bände, Pest, Türkeneinfall und Erdbeben zerstört. Nach dem größten Erdbeben 1511 blieb der mittelalterliche Stadtkern gut erhalten. Von ihrem Reichtum zeugen bemalte Fresken. Das dort ebenfalls geklöppelt wird, sahen wir in den Fenstern an den Gardinen.

Am Nachmittag fuhren wir nach Zelezniki. In der Grundschule wurden wir von Kindern erwartet, die für uns ein Programm einstudiert hatte. Achtjährige Kinder führten Tänze auf und sangen zu Klavier- und Akkordeonbegleitung Lieder. Zwei ältere Schüler lasen uns auf deutsch über die Schule und den Ort vor. Danach konnten wir ihre Klöppelwerke anschauen, die sie in einer kleinen Ausstellung zusammen getragen hatten. Vier Kinder führten uns ihre Klöppelkunst vor. Die Klöppelschule von Zelezniki feierte 2007 ihr hundertjähriges Bestehen. Sie wurde 1907 vom Zentralamt für das Klöppelhandwerk aus Wien eingerichtet. Im Jahr 1960 stellte die Schule ihren Betrieb ein. Von 1974 bis 1994 gab es an der Grundschule eine Arbeitsgemeinschaft für das Klöppeln. Großes Interesse führte dazu, daß das Tourismusbüro und die Ortsgemeinschaft im Schuljahr 1994/1995 die Klöppelschule neu gründeten.

Kinderdarbietung Schauklöppeln mit slowenische Lehreinnen und Spitzenausstellung
Hochofen

Nach dem Besuch der Grundschule fuhren wir zum Museum von Zelezniki. Dieses befindet sich neben einem Hochofen, in dem bis 1902 Eisen geschmolzen wurde.

In dem 1969 gegründeten Museum geht es hauptsächlich um die 600jährige Geschichte der Eisenproduktion. In der 2. Etage wird die Geschichte der Stadt vorgestellt. Ebenfalls gezeigt wird Entwicklung der Klöppelspitze von 1881 bis zur Gegenwart anhand von mehr als 300 orginalen Spitzen, alten Klöppelbriefen, Kissen, Fotos und Lehrbüchern.

Blick in den Spitzenraum
Folkloregruppe

Danach fuhren wir nach Cerkno ins Hotel. Nach dem Abendessen führte uns eine Folkloregruppe ihre Darbietung auf.

Am Mittwochmorgen fuhren wir in die Hauptstadt Ljubljana. Dort besuchten wir zuerst das Ethnografische Museum. Dort referierte Frau Ana Motnikar, die Konservatorin des Museums über Konservierungs- und Restaurationsprobleme bei Spitzen. Danach teilten wir uns in 3 Gruppen auf und sahen uns nacheinander ihren Arbeitsplatz an. Anschließend gingen wir in das Nationalmuseum. Dort wurden uns im Depot einige Spitzen präsentiert. Danach folgte eine Führung durch die Ausstellung der sakralen Textilien. Zum Schluß kam für ein klöpplerischer Höhepunkt. Wir sahen uns die Spitzen von Urh und Iva Sobocan an. Sie waren eine figurlich moderne Interpredation von Gefühlen, Bewegungen, aber auch Flucht und Krieg.

Ethnographisches Museum Nationalmuseum

Danach sahen wir uns selbständig im Museum um. Bemerkenswert fand ich die Porträts mit Spitzendarstellungen, gemalt wie zum Rekonstruieren dieser, aus dem 17. Jhd.

Porträt einer Edelfrau, Mitte des 17. Jahrhunderts
Schloß Polhov Gradec

Am Nachmittag fuhren wir nach Polhov Gradec. Im Schloß, indem sich auch das Heimatmuseum befindet, erwartete uns die örtliche Klöppelgruppe. Diese präsentierte uns im Trausaal ihre Arbeiten.

Spitzenvielfalt der Klöppelgruppe Spitzenvielfalt der Klöppelgruppe Spitzenvielfalt der Klöppelgruppe

Anschließend fuhren wir nach Cerkno zurück. Nach dem Abendessen fuhren wir nach Idrija zur Ausstellungseröffnung «Spitze - Reichtum für die Reichen, Segen für die Armen» im Innenhof der Burg Sie bildete den Abschluß eines internationalen Projektes im Rahmen des Programms für lebenslanges Lernen bei der Europäischen Union. Daran mitgearbeitet haben Deutschland, Belgien, Italien, Spanien, Malta und Slowenien. Die Ausstellung zeigte aus jedem Land 3 rekonstruierte Damen- oder Herrenkleider vom 16. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts sowie ein Spitzentaschentuch.

Ausstellung Ausstellung

Die Eröffnung des Festivals mit dem diesjährigen Thema «Idrijaspitze im Herzen Europas» wurde wegen Gewitter und Regen ebenfalls in den Innenhof der Burg verlegt. Fast Mitternacht kamen wir wieder im Hotel in Cerkno an. Am nächsten Tag fuhren wir alle gemeinsam nach Idrija und hielten uns bis zum Mittag dort auf.

Händlerstände und Freiluftcafe

Nach dem Essen blieb ein Teil von uns in Idrija. Der andere begab sich zum Ausflug nach Postojna oder Lipica. In Postojna befinden sich die zweitgrößten für Besucher erschlossene Tropfsteinhöhlen der Welt. Das Dorf Lipica ist für sein Gestüt mit der Zucht von weißen Lipizzaner bekannt. Ich blieb in Idrija. Nach dem Bummeln über den Marktplatz, Ansehen und Einkaufen an den zum Festival aufgebauten Ständen ging ich in die Galerie über der Stadtbibliothek. Darin stellten Mitglieder des Verbands der Klöpplerinnen der Idrijaspitze aus. Zu sehen waren breite Bänderspitzen und deren Verwendungsmöglichkeiten, Klöppelkissen, Klöppel und Bilder mit Klöppelutensilien.

Blick in den Ausstellungsraum Spitzendecke mit Klöppel von oben
Kissen mit aufgenähten Spitzen

Außerdem konnten die Werke des 16. Wettbewerbes vom Verband slowenischer Klöpplerinnen und aller Spitzenliebhaber zum Thema "Sechseck" angesehen werden. Preise wurden für das Ausklöppeln und die Modellgestaltung getrennt nach Kindern und Erwachsenen vergeben.

1. Platz Mustergestaltung Erwachsene, bunter Schneekristall, Entwurf und Ausführung: Ines Stular, Ljubljana  1.Platz Mustergestaltung Erwachsene, Nelken, Entwurf und Ausführung: Franc Jelovcan, Kranj 1. Platz Ausklöppeln Erwachsene: Natur im Sechseck, Entwurf und Ausführung: Rozina Kum, Staza
1. Platz Ausklöppeln Kinder, Regenbogenspinnennetz, Entwurf und Ausführung: Neja Lenart, Kranj 3. Platz im Ausklöppeln und 1. Platz Mustergestaltung Kinder: Honigwabe mit Bienen,
Entwurf und Ausführung: die Schüler der Klöppelschule Ijdija unter Oddelek Vipava

Anschließend war ich in der Ausstellung «Strich, Zeichnung - Spitze» in der Galerie Crni und dem Stadtcafe. Diese entstand aus der Zusammenarbeit zwischen Klöpplerinnen aus Idrija und jungen Designstudentinnen der naturwissenschaftlich-technischen Fakultät, Abteilung Textil der Universität in Ljubljana. Zu sehen waren ein Schaukelstuhl mit Spitzenüberzug, fünf Ideenentwürfe der Vereinigung von Gegenständen mit Spitze, zwei Diplomprojekte: Spitzen mit der Inspiration aus Mandalas bzw. Tierkreiszeichen sowie Spitzen aus einem Workshop «Frühling in Idrija». Anschießend ging ich in die Klöppelschule. Zuerst besucht ich dort die Ausstellung «Traditionelle Spitze aus Estland - Ihre Vergangenheit und ihre Gegenwart».

Anschließend war ich in der Ausstellung der Spitzen der Schüler und Schülerinnen der Klöppelschule Idrija unter dem Titel «Schau her, was ich kann!». Dabei konnte jeder Besucher, die für ihn schönste Spitze auswählen.

Ausstellung «Schau her, was ich kann!»
In der Krypta

Danach ging ich in die Galerie der Heiligen Barbara unter dem Stadtplatz. Im Gang zur Krypta befand sich die Sonderausstellung «Schatten des Lichts».

In der folgenden Untergrundgalerie wurden vorherige Städte mit dem Titel «Alpenstadt» vorgestellt, deren Trägerin Idrija im Jahr 2011 ist.

Tür zur Krypta

Die Krypta der Heiligen Barbara erreicht man durch eine besondere Tür. Die beiden Flügel bilden das Muster einer Idrijaspitze aus geschweißtem Stahl entworfen von Metka Kavcic. Der sich darin befindende Altar zeigte eine in Stein gehauene stilisierte Idrijaspitze.

Altartisch

Danach ging ich zurück zur Klöppelschule. In ihr fand aufgrund des eingesetzten Regens das Beisammensein von Klöpplerinnen aus verschiedenen Ländern Europas unter dem Thema «Die Spitze verbindet uns» statt. Es konnten sich die verschiedenen Klöppelwerkzeuge und auch mitgebrachte Klöppelarbeiten angesehen werden.

Belgische Klöpplerin mit 450 Klöppeln Kristiina Halberg, estnische Klöpplerin Spanische und slowenische Spitzenmacher
Italienische Klöpplerin Maltesische Klöpplerin Siegrid Würker, deutsche Klöpplerin

Am Abend holte der Bus die im Ort Gebliebenen wieder ab. Wir fuhren alle gemeinsam zurück nach Cerkno. Den Sonntag verbrachten alle Reiseteilnehmer in Idrija. Zuerst ging ich auf die Burg Gewerkenegg.

Innenhof der Burg
Margit Bakony, ungarische Spitzennäherin

Dort sah ich mir in der kleinen Galerie die Ausstellung sowie die Vorführung der ungarischen genähten Spitze aus Kiskunhalas an.

Anschließend besuchte ich nochmals die Kleidungsstücke des Internationalen Projektes. Danach ging ich durch alle geöffneten Ausstellungsräume der Burg, in der das Stadtmuseum untergebracht ist. Es gab Informationen zur Geschichte der Stadt, des Quecksilberwerkes, Gesteine und Fossilien der Region. Dargestellt wurde auch die Zeit und der Widerstand während der italienischen und deutschen Besatung sowie das geheime Partisanenlazarett. Auch berühmter Persönlichkeiten wurde gedacht, wie dem in Idrija geborene Jurist und Freiheitskämpfer Dr. Ales Bebler, dem Erzähler und Kulturschaffende France Bevk sowie der Galeristin Valentina Orsini Mazza. Besonders hervorzuheben ist auch die neu eingerichtete Dauerausstellung «Idrijaspitze - mit dem Faden geschriebene Geschichte». Für diese erhielten die Autoren 2008 die höchste Anerkennung auf dem Gebiet der Museologie in Slowenien, den «Valvasor»-Preis. Die Ausstellung erstreckt sich über 3 Räume. Im ersten befanden sich Spitzen und Klöppelutensilien aus Europa sowie Informationen zur Entwicklung der Idrijaspitze. Der zweite Raum stellte die Klöpplerinnen und den Spitzenhandel vor. So stand ein typisches Kissen vor einem Lehrvideo, das zum Mitmachen einlud. Im letzten Raum wurde das Arbeiten in der Klöppelschule in der Vergangenheit und jetzt sowie Klöppelspitzen gezeigt. Ein Video erzählte von den vergangenen Festivals der Idrijaspitze. In der Mitte des Raumes befanden sich zueinander gewandte Vitrinen mit Kleidungsstücken und Accessoires, vollständig aus Spitze oder Textilien mit deren Einsätzen. Danach ging ich zum Bergarbeiterhaus. Es wurde im 18. Jahrhundert gebaut und zeigte das Leben der Bergarbeiter Anfang des 20. Jahrhunderts. Im Obergeschoß wurden alte Handwerke vorgeführt.

Wegen Regens fand das Wettklöppeln um die schönste Spitze in der Klöppelschule statt. Bei dem Staatswettbewerb der Klöppelkunst für den «Ivanka Ferjancic»-Preis arbeiten Kinder und Erwachsene getrennt in verschiedenen Kategorien.

Wettbewerb

Während des Festivals wurden auch die Schaufenster der Läden der Innenstadt mit Spitzen und Klöppelutensilien dekoriert.

Schaufenster Schaufenster Bürogeschäft

Am späten Nachmittag fuhren wir zurück nach Cerkno. Nach dem Frühstück des nächsten Morgens begann die Rückreise mit einem kleinen Abstecher nach Italien. In Fagagna besuchten wir die Cjase Cocel, ein Museum des Lebens auf dem Lande im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Bauernhof Brunnen mit Maubeerbaum

In der ersten Etage befand sich ein rekonstruiertes Klassenzimmer der Klöppelschule, die auf Betreiben der Gräfin Cora di Brazza errichtet wurde. In Vitrinen wurden Spitzen ausgestellt. An den Wänden hingen Fotos, die das damalige Arbeiten veranschaulichen sollten.

Blick in die Klöppelschule Spitzenschrank mit Musterbüchern, Klöppelsammlung und Madonna

Anschließend fuhren wir nach Gstadt und setzten mit der Fähre zur Fraueninsel im Chiemsee über. Dort besuchten wir die Klosterkirche und sahen uns in der Sakristei die Spitzen an den Gewändern an. Die Abtei der Benediktinerinnen bedeckt etwa ein Drittel der 12 ha großen Insel.

Blick aus der Torhalle auf die Klosterkirche

Nach einem Inselrundgang fuhren wir mit der Fähre zurück nach Gstadt, wo wir zum letzten Mal auf der gemeinsamen Reise übernachteten. Am nächsten Morgen brachte uns der Bus zurück nach Hause.

© Text und Fotos: Petra Pönisch